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1. Frankfurt: Die solidarische Stadt
2. Frankfurt: Die Chancenstadt
3. Frankfurt: Die kompetente Stadt
4. Frankfurts Vielfalt: Frankfurts Stärke
5. Frankfurt: Zentrum für Arbeit und Wirtschaft
6. Frankfurt: Die Kulturstadt für Alle
7. Frankfurt: Die bürgerschaftliche Stadt
8. Frankfurts Zukunft: Kinder und Jugendliche
9. Frankfurt: Bezahlbares Wohnen für Alle
1. Frankfurt: Die solidarische Stadt
Eine Stadt ist mehr als die Summe ihrer EinwohnerInnen. Das Zusammenleben vieler Menschen in einer Stadt und Region ermöglicht erst gemeinsames Handeln. Sozialer Zusammenhalt ist die Basis für alle Politik und die Verwirklichung individueller Lebenspläne. Zukunftsgerichtete Politik ist auf die Entwicklung der gerechten Teilhabe aller Menschen angewiesen. Frankfurt am Main benötigt deshalb eine Stadtkultur, die sich für die Wahrung des solidarischen Miteinanders einsetzt und couragiert gegen sozialen Ausschluss vorgeht.
2. Frankfurt: Die Chancenstadt
Ziel jeder Stadtpolitik sollte es sein, den BürgerInnen vielfältige Chancen für ein selbst bestimmtes Leben zu eröffnen. Hierzu gilt es, die unterschiedlichen Interessen, Ansprüche und Erwartungen miteinander abzustimmen, damit Lebenskonzepte des Einzelnen nicht an sozialen Grenzen und Ausschlüssen scheitern. Die Konzepte von einem „guten“ Leben sollten so ausgehandelt werden, dass die Chancen für die Verwirklichung individueller Lebensziele realistischer werden. Nur auf diese Weise ist der soziale Friede in der Stadt zu gewährleisten.
3. Frankfurt: Die kompetente Stadt
Frankfurt am Main wird in den nächsten Jahrzehnten mit großen Herausforderungen in Ökonomie, Ökologie und sozialen Belangen konfrontiert werden. Neue Formen des Arbeitens werden sich entwickeln und das Leben vieler Menschen wird durch neue Ansprüche wie Anforderungen an ihre Fähigkeiten geprägt werden. Die Stadt muss durch breit angelegte Offensiven im Bildungs- und Fortbildungsbereich ihre BürgerInnen beim Erwerb der notwendigen Kompetenzen in der veränderten Arbeits- und Lebenswelt unterstützen, z.B. als lebenslanges Lernen. Dazu zählt auch die Sicherstellung der Bildungsteilhabe benachteiligter Gruppen, da gesellschaftliche Veränderungen und Krisen für sie erheblich größere Belastungen in sich bergen.
4. Frankfurts Vielfalt: Frankfurts Stärke
Frankfurt ist Heimat für Menschen aus unterschiedlichen Nationalitäten, Kulturen und Religionen. Diese internationale, kulturelle und sprachliche Vielfalt sollte auch als wichtige Ressource für die zukünftige ökonomische und kulturelle Entwicklung anerkannt und gefördert werden. Nachhaltige Integrationspolitik setzt deshalb nicht nur bei Defiziten an, sondern fördert Potentiale, Partizipation und Gleichstellung. Besonderes Augenmerk richtet die Soziale Stadt dabei auch auf die Grundbedürfnisse der hier lebenden und arbeitenden Zuwanderer ohne Aufenthaltsstatus.
5. Frankfurt: Zentrum für Arbeit und Wirtschaft
Frankfurt als Mittelpunkt der Rhein-Main-Region ist eine Wirtschaftsmetropole europäischen Ranges und bietet Hunderttausenden von Menschen Arbeit. Der Zuwachs an Arbeitsplätzen fand in den vergangenen Jahren aber vor allem im Niedriglohnbereich und in prekären Arbeitsformen statt, während gleichzeitig ein Abbau sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplätze erfolgte, insbesondere für Geringqualifizierte. Eine zukunftsorientierte Frankfurter Wirtschaftspolitik braucht deshalb die Steuerung des Marktes durch die Stadtpolitik. „Gute Arbeit für alle“ ist Voraussetzung zur gesellschaftlichen Teilhabe, sie zeichnet sich aus durch sichere Arbeitsplätze und angemessene Entlohnung. Dabei darf es in Zukunft keine einseitige Ausrichtung auf einen einzigen Beschäftigungssektor wie Dienstleistungen geben. Eine wettbewerbsfähige Industrie bleibt eine wichtige Grundlage für die Weiterentwicklung des Dienstleistungssektors, gerade auch im Gesundheits- und Sozialwesen und der sich entwickelnden Kreativwirtschaft. Sie setzt wesentliche Impulse für die Beschäftigung. Für die Schaffung neuer Arbeitsplätze sind die Belange der Industrie mit den Erfordernissen der ökologischen und sozialen Umwelt in Einklang zu bringen. Bei der Gestaltung dieses Innovationsprozesses sind die Beschäftigten und ihre Interessenvertretungen – Betriebsräte und Gewerkschaften – auch über die betriebliche Ebene hinaus einzubeziehen. So werden neben den wirtschaftlichen Aspekten die örtlichen Arbeits- und Lebensbedingungen sowie Belange des hiesigen Arbeitskräftepotentials unter sich verändernden demografischen Gegebenheiten berücksichtigt.
6. Frankfurt: Die Kulturstadt für Alle
Kultur stellt eine zentrale Lebensäußerung von Menschen und die Möglichkeit der Partizipation aller Menschen an der Gestaltung ihres jeweiligen Lebensumfelds dar. Unter der Programmatik „Kultur für Alle“ hat sich schrittweise ein neues Verständnis für kommunale Kulturpolitik herausgebildet. Ziel jeder Stadtpolitik sollte es sein, die Teilnahme an Kultur für alle Menschen zu ermöglichen. Frankfurt am Main sollte seine Anstrengung dahingehend fortsetzen, „Breitenkultur“ gleichberechtigt neben der vielfältig subventionierten „Hochkultur“ zu ermöglichen. „Kultur für Alle“ bedeutet ebenso, dass die klassische Polarisierung zwischen Sozialpolitik und Kulturpolitik endgültig ausgedient hat. Kulturpolitik und kulturelle Bildung sind Teil einer partizipativen Gesellschaft und damit Voraussetzung für die Entwicklung und Gestaltung von Demokratie.
7. Frankfurt: Die bürgerschaftliche Stadt
Frankfurt ist eine Stadt der BürgerInnen. Mehr als zuvor wird die wirtschaftliche, soziale und politische Stärke der Stadt davon abhängen, dass sich diese aktiv in die Planung und Gestaltung ihres Gemeinwesens einbringen können. Der Wille der Bürgergesellschaft dazu muss gestärkt und in einem intensiven Dialog mit der Politik ausgehandelt werden. Hierfür werden Formen repräsentativer und direkter Demokratie sowie Mut für soziale Innovationen benötigt. Hierfür wird ein weiterhin großes und breit angelegtes ehrenamtliches Engagement für Andere in der Nachbarschaft, in Initiativen, Vereinen oder Verbänden benötigt. All das setzt eine förderliche Rahmengestaltung voraus.
8. Frankfurts Zukunft: Kinder und Jugendliche
Kinder haben universale Rechte, z.B. auf Erziehung und Fürsorge, auf Bildung, auf Teilhabe oder auch auf Schutz. Bei allen Kinder und Jugendliche betreffenden Maßnahmen, egal von wem sie getroffen werden, ist das Wohl des Kindes vorrangig zu berücksichtigen. Einen grundlegenden Beitrag dazu leistet eine kindgerechte Stadtentwicklung/-planung. Wer für die Zukunft Frankfurts plant, sollte dies vor allem aus der Perspektive der Kinder und Jugendlichen heute, unabhängig von Herkunft, Milieu und Kultur tun. Für sie ist die Familie der wichtigste Ausgangspunkt eines sicheren Hineinwachsens in die Gesellschaft. Eine aktive Unterstützung von Eltern – besonders von Alleinerziehenden – in der Bewältigung dieser Aufgabe ist dringend. Nur wenn die Stadt die Bedarfe von Familien wahrnimmt und zukunftsweisende Antworten darauf entwickelt, kann sie zur „Familienstadt“ werden. Investitionen in Erziehung und Bildung haben Vorrang vor anderen wünschenswerten Prioritäten. Ziel der Stadtpolitik muss eine umfassende und schlüssige Infrastrukturentwicklung etwa in Form von Präventionsketten „von Geburt bis zum erfolgreichen Berufseinstieg“ sein. Ein Aufwachsen unter Armutsbedingungen ist das größte Entwicklungsrisiko für Kinder und Jugendliche mit immensen individuellen und gesellschaftlichen Folgen. Heranwachsende bilden hierzulande noch immer die am stärksten armutsgefährdete Altersgruppe. Gerade Großstädte sind aufgrund der Konzentration sozialer Fragen besonders gefordert, aktive Armutsprävention statt Reparatur von Defiziten zu betreiben. Eine vorausschauende Sozialpolitik ist der Garant für ein Frankfurt mit Weitsicht.
9. Frankfurt: Bezahlbares Wohnen für Alle
Die für Frankfurt seit Jahren festzustellende starke Bevölkerungszunahme ist Ausdruck einer gewachsenen Attraktivität städtischen Lebens. Der damit einhergehende Wohnungsmangel sowie die Notwendigkeit auf Alterung und Ausdifferenzierung der Lebensstile unserer Stadtgesellschaft zu reagieren, stellen Stadtentwicklung und Wohnungspolitik vor enorme Aufgaben. Dabei geht es vordringlich auch um bezahlbares Wohnen, gerade für Menschen mit normalem oder geringerem Einkommen. Es gilt für die Stadt, frühzeitig Verdrängungsprozessen und Gettobildung entgegenzuwirken. Sie muss angesichts des zunehmenden Wohnungsbedarfs den Wohnungsneubau erheblich erhöhen und die erforderlichen Flächen für den Wohnungsneubau bereitstellen. Als weitere Schritte zu einer besseren Wohnraumversorgung für die gesamte Bevölkerung sind die Möglichkeiten zur Gewinnung von Wohnungen aus ungenutzten Büroräumen, die Wiedereinführung des Zweckentfremdungsverbots sowie die Rückkehr zu 10 Jahren Kündigungsschutzfrist für MieterInnen umgewandelter bisheriger Mietwohnungen zu nutzen. Die anstehenden energetischen Modernisierungsprogramme im Wohnungsbestand müssen so gestaltet werden, dass sie für MieterInnen bezahlbar sind.
Frankfurt, Dezember 2012
In der Presse:
Neun Thesen zur sozialen Stadt Frankfurt (Rüsselsheimer Echo, 17.12.2012)